WUNDERVOLLER VOGELSBERG

Gedanken. Sie kommen in dem alten Fachwerkhaus meiner Schriftstellerfreundin Astrid Ruppert, voll von Poesie, in jedem Winkel, versteckt in dem Garten in dem es so üppig blüht und die Bienen noch ein Zuhause haben. Astrid hat mich zu einer Lesung eingeladen, in die Buchhandlung Ohm. Es ist Juni, ich lese aus „Das Leben drehen“, und die Lesung ist ein voller Erfolg. Immer wieder schön seine Leserinnen und Leser persönlich kennenzulernen. Nun liege ich glücklich und entspannt auf Astrids phantastischer Liege an der alten Kirchenmauer. Über mir grünes Laubwerk und frage mich, ob das Leben vielleicht wie eine Torte mit ganz vielen Schichten ist? Wie viele Parallelwelten gibt es?

Wobei wir uns – wahrlich nicht immer – aussuchen können in welcher wir leben. Manchmal jedoch schon. Leben wir in der Welt, die uns Tag für Tag mit Ausgrenzung, Terror, Hunger, Krieg, Flucht, zunehmender Aggressivität, wie soll ich sagen, manchmal sogar um den gesunden Verstand bringt? Weil wir nicht mehr sehen, hören, riechen, schmecken können wie die Welt auch ist? Sinnlich, voller Wunder, Überraschungen; die Natur, was für ein Paradies. Wie hier mitten im Vogelsberg wo die Sinne auf einmal so freiliegen, so geschärft sind – für den Taubenschwarm, der immer und immer wieder den Kirchturm umkreist, geführt und gerufen von den zunächst eigenartigen Locklauten des taubstummen Nachbarn. Die Elstern dagegen machen was sie wollen. Der Hahn, der mich am Morgen begrüßt, der Waschbär, der nach Leckerbissen sucht, die Kirchenglocken, die Menschen, die einander noch grüßen, obwohl – manchmal auch nicht. Die riesigen Rosengärten, weil hier noch Platz ist. Die schiefen Fachwerkhäuser, jedes ein Gemälde für sich. Die endlose Weite der lieblich geschwungenen Landschaft, die sich am Horizont im Licht der untergehenden Sonne verliert. Die Welt, Schicht um Schicht, und manchmal, manchmal dürfen wir eben entscheiden, dahin zu gehen, wo gerade das Glück ist.

Eure

Nicole